Zur Steuerhinterziehung durch Unterlassen
Datum: Sonntag, dem 28. Oktober 2018
Thema: Recht-Infos


OLG Oldenburg, Beschluss vom 10.07.2018 - 1 Ss 51/18

Steuerhinterziehung ist nicht nur durch aktives Handeln möglich, sondern auch durch ein Unterlassen. Dies geht aus § 370 Absatz I Nr. 2 AO hervor. Dieser stellt es unter Strafe, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und dadurch Steuern zu verkürzen oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Auf der Rechtsfolgenseite ist ein variabler Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorgesehen. Bei § 370 Absatz I Nr. 2 handelt es sich unzweifelhaft um ein Unterlassungsdelikt. Ob dieses dogmatisch als unechtes oder echtes Unterlassungsdelikt einzuordnen ist, wird unterschiedlich bewertet. Richtigerweise muss es sich wohl um ein echtes Unterlassungsdelikt handeln, da bereits aus dem Wortlaut des Tatbestands selbst das Ausbleiben einer bestimmten Handlung als tatbestandsmäßiges Verhalten hervorgeht. Dementsprechend bedarf es keines Rückgriffes auf den § 13 StGB. Eine formelle Garantenstellung ist insofern nicht erforderlich. Die rechtliche Pflicht zur korrekten Angabe der steuerlichen Parameter muss ungeachtet dessen ohnehin für die Tatbestandsmäßigkeit bestehen. Die Kategorisierung ist insofern nur von untergeordneter Bedeutung für die Praxis.
Mit höchster Spannung muss jedoch die Entwicklung zur Frage, mit der sich das OLG Oldenburg jüngst befasste, betrachtet werden: Wie ist das Tatbestandsmerkmal der Unkenntnis in § 370 Absatz I Nr. 2 AO auszulegen? Hierzu mangelt es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Das OLG Oldenburg schloss sich nun in einem Beschuss der Leitlinie des OLG Köln an und widersprach der Vorinstanz des LG Aurich dahingehend. Unkenntnis im Sinne des § 370 Absatz I Nr. 2 AO setze voraus, dass die Finanzbehörde den wahren Sachverhalt gerade nicht kenne. Umgekehrt schließt die Kenntnisse dessen eine Erfüllung des Unterlassungstatbestandes damit aus. Wer demgemäß steuerlich erhebliche Tatsachen der Finanzbehörde gegenüber verschweigt, ist zumindest nicht nach § 370 Absatz I Nr. 2 AO wegen einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen strafbar. Dies gilt selbst dann, wenn die Nichtangabe der Tatsachen pflichtwidrig war.
Der überzeugenden Auffassung des OLG Oldenburg ist beizupflichten. Es bleibt abzuwarten, wann und wie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs dazu ausfallen wird.

Rechtsanwalt Hildebrandt
Fachanwalt für Strafrecht, Steuerrecht u. zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)
Meinekestraße 4
10719 Berlin
Tel.: (030) 398 898 23
www.steuerstrafrecht-rechtsanwalt.de
rechtsanwalt-hildebrandt@gmx.de
Torsten Hildebrandt

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OLG Oldenburg, Beschluss vom 10.07.2018 - 1 Ss 51/18

Steuerhinterziehung ist nicht nur durch aktives Handeln möglich, sondern auch durch ein Unterlassen. Dies geht aus § 370 Absatz I Nr. 2 AO hervor. Dieser stellt es unter Strafe, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und dadurch Steuern zu verkürzen oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Auf der Rechtsfolgenseite ist ein variabler Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorgesehen. Bei § 370 Absatz I Nr. 2 handelt es sich unzweifelhaft um ein Unterlassungsdelikt. Ob dieses dogmatisch als unechtes oder echtes Unterlassungsdelikt einzuordnen ist, wird unterschiedlich bewertet. Richtigerweise muss es sich wohl um ein echtes Unterlassungsdelikt handeln, da bereits aus dem Wortlaut des Tatbestands selbst das Ausbleiben einer bestimmten Handlung als tatbestandsmäßiges Verhalten hervorgeht. Dementsprechend bedarf es keines Rückgriffes auf den § 13 StGB. Eine formelle Garantenstellung ist insofern nicht erforderlich. Die rechtliche Pflicht zur korrekten Angabe der steuerlichen Parameter muss ungeachtet dessen ohnehin für die Tatbestandsmäßigkeit bestehen. Die Kategorisierung ist insofern nur von untergeordneter Bedeutung für die Praxis.
Mit höchster Spannung muss jedoch die Entwicklung zur Frage, mit der sich das OLG Oldenburg jüngst befasste, betrachtet werden: Wie ist das Tatbestandsmerkmal der Unkenntnis in § 370 Absatz I Nr. 2 AO auszulegen? Hierzu mangelt es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Das OLG Oldenburg schloss sich nun in einem Beschuss der Leitlinie des OLG Köln an und widersprach der Vorinstanz des LG Aurich dahingehend. Unkenntnis im Sinne des § 370 Absatz I Nr. 2 AO setze voraus, dass die Finanzbehörde den wahren Sachverhalt gerade nicht kenne. Umgekehrt schließt die Kenntnisse dessen eine Erfüllung des Unterlassungstatbestandes damit aus. Wer demgemäß steuerlich erhebliche Tatsachen der Finanzbehörde gegenüber verschweigt, ist zumindest nicht nach § 370 Absatz I Nr. 2 AO wegen einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen strafbar. Dies gilt selbst dann, wenn die Nichtangabe der Tatsachen pflichtwidrig war.
Der überzeugenden Auffassung des OLG Oldenburg ist beizupflichten. Es bleibt abzuwarten, wann und wie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs dazu ausfallen wird.

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